Vom Kongress zur Zukunft der Arbeit
Frisch zurück vom Hamburger Kongress zur Zukunft der Arbeit versuche ich mich darin, meine Eindrücke der zahlreichen Vorträge, Diskussionen und Workshops zu verarbeiten. Gar nicht so einfach und noch kein abgeschlossener Prozess. Ich schreibe hier trotzdem mein kleines persönliches Fazit und entschuldige mich schon jetzt für alles Erwähnenswerte, was ich nicht erwähnen werde.
Aber zuerst ein paar Worte zum äußerst passenden Veranstaltungsort: Das ehemalige Fabrikgelände Kampnagel, welches heute für Musik-, Theater- und Tanz-Veranstaltungen dient, vereint industriellen Charme mit künstlerischem Ambiente. Die zahlreichen Hallen und Räume boten dem Kongress einen ansprechenenden Rahmen zum Diskutieren, Ausruhen und Weiterdenken.
Im Großen und Ganzen ging es dort vom 16.-18.02. um den Wandel und die Zukunft der Arbeit. Ausgangspunkt ist die Annahme, dass sich wir uns im Übergang von einer Industrie- zu einer Wissensgesellschaft befinden. Bestehende Formen der Produktion und Arbeitsteilung werden dabei, besonders im Bereich der Kreativwirtschaft, in Frage gestellt. Wenn Leidenschaft zum Beruf wird, sind Freizeit und Arbeitszeit kein Gegensatz mehr, sondern eine Einheit fern vom 9-to-5 Job, die neue soziale und ökonomische Rahmenbedingungen erfordert.
Künstler, Designer, Musiker und Journalisten sind ein gern angeführtes Beispiel einer neuen Arbeitswelt, stehen aber auf institutioneller Ebene noch vielen Schwierigkeiten gegenüber. Besonders erwähnenswert ist dabei die schlechte sozialpolitische Absicherung, die eine Reform des Künstlersozialversicherungsgesetzes und der freiwilligen Arbeitslosenversicherung dringend notwendig macht. Seit den 70er Jahren hat sich die Zahl der Selbstständigen in der Kunst- und Kreativbranche verdreifacht, obwohl das Durschnittseinkommen trotz eines hohen Bildungsniveaus oft nicht zur Existenzsicherung reicht.
Das Spannungsfeld zwischen künstlerischem Drang und wirtschaftlichen Zwang war auch bei Sophie Pester (hello handmade), Anna Neumann (DaWanda) und Axel Sylvester (Fablab) ein großes Thema, auf deren Diskussionsrunde ich mich besonders gefreut hatte. Sie sprachen über ihren persönlichen Bezug und Einstieg in das Phänomen Handmade, über Chancen und Risiken einer Selbstständigkeit in diesem Bereich und darüber, dass Do-It-Yourself auch Verantwortung, Auflehnung und Innovation bedeutet.
Arbeit kann und muss Spaß machen. Gute Ideen müssen durchgehalten, gefördert und umgesetzt werden. Die Kunst- und Kreativbranche ist wichtig für Wirtschaft und Gesellschaft. Deshalb müssen alte Strukturen überdacht und den neuen Arbeitsformen hinsichtlich Arbeitsorganisation, Entlohnung, sozialer Absicherung und Interessensorganisation angepasst werden. Das ist alles nicht ganz neu und dennoch muss es ausgesprochen werden. Der Kongress war eine gute Sache und hätte ruhig noch ein oder zwei Tage länger gehen können. Ich hätte mir etwas mehr zum Thema Handmade & DIY gewünscht, aber dort liegt natürlich auch mein persönlicher Interessenschwerpunkt. Generell hätte man hier und da Lösungsvorschläge und Diskussionsergebnisse besser hervorheben und vertiefen können. Am Ende wäre eine zusammenfassende Abschlussveranstaltung schön gewesen und hätte die Sache abgerundet. Alles in allem freue ich mich über viele kritische und gute Gedanken zum Thema und würde jederzeit wieder vorbeikommen.
6 Comments
Ellen
Ja, das mit der Einheit von Arbeit und Leben, das ist so ne Sache… Das neide ich, wenn jemand das hat (ich empfinde mein Studium ja oft als sehr sinnentleert) und hoffe sehr, dass ich das im Beruf bald haben werde.
Gehst du denn außer mit kritischen Gedanken auch mit Inspiration zurück in deinen Alltag?
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LinaLuna
Tja. Als Musikerin muß ich leider auch immer wieder erfahren, dass ich nicht wirklich genug verdiene, wenn man das mal abwägt mit dem Studium, das ich immerhin genossen habe. Und nun verdiene ich (wohlgemerkt- freiberuflich! und nicht abgesichtert) in der Musikschule weniger als jeder Grundschullehrer.
Leute, die sich mit DIY Sachen sebstständig machen, bewundere ich sehr, aber ich kann mir auch nicht vorstellen, dass das ein sicherer Jib ist. Da bin ich ja selbst an der Musikschule noch sicherer aufgehoben…
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